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Virtuelle Parallelwelten – Erschreckende Vision, aber auch Chance zu Gestaltung

Virtuelle Parallelwelten – Erschreckende Vision, aber auch Chance zu Gestaltung

Virtuelle Parallelwelten – Erschreckende Vision, aber auch Chance zu Gestaltung

Vor ein paar Wochen habe ich einen Beitrag in den Nachrichten gesehen, in denen die neueste Idee aus dem Hause Facebook vorgestellt wurde: Metaverse, „eine Welt, in der physikalische Realität mit erweiterter […] und virtueller Realität […] in einer Cyberwelt verschmelzen“ (Quelle: tagesschau.de). Ich fühle mich bei diesem Projekt an Cryptos erinnert, den Roman von Ursula Poznanski: Darin erzählt die Autorin „von einer Wirklichkeit, in der das Klimasystem bereits gekippt ist, und für die meisten Menschen nur die Flucht ins Virtuelle bleibt. […] “ (Quelle: Loewe-Verlag). Ein, wie ich finde, gutes Buch, keine Frage – aber eben auch ein Buch mit einer sehr, sehr erschreckenden Version unserer Zukunft. Eine Version, die durch Metaverse so absurd nahekommt, dass ich mich aktiv dazu bringen muss, darüber nachzudenken – denn viel lieber würde ich es gedanklich in eine Kiste stopfen und den Deckel drauf machen, damit es nicht real wird.

Facebook hat angekündigt zur Realisierung des Vorhabens 10.000 neue Mitarbeitende einzustellen – in Europa, das sei ein Vertrauensbeweis in den Standort, so Facebook. Für mich hört sich all das nicht an wie ein Vertrauensbeweis, denn ich finde die Vorstellung von Metaverse einfach nur abschreckend: Ich finde sie als Coach abschreckend, denn mir sind Einklang und das positive (physische!) Miteinander von uns allen wichtig. Ich finde sie als Medienmanagerin abschreckend, denn mich fasziniert zwar technologischer Fortschritt – diesen verstehe ich allerdings darin, mehr Miteinander und eine vereinfachte Kommunikation zu schaffen und nicht eine neue Welt, die uns von der Realität distanziert. Und ganz besonders abschreckend finde ich sie als Mensch, wenn ich mir ausmale, was das mit unserer Gesellschaft machen kann.

Haben wir durch die letzten Monate mit einer Pandemie denn nicht gelernt, wie sehr wir Menschen soziale Wesen sind und wie gut uns die Verbundenheit mit der Natur tut? Wesen, die eben nicht nur vor rechteckigen Kästen (aka Computer) sitzen können, damit von Call zu Call hechten und am Abend noch das Rollenspiel durchsuchten wollen – und das schlicht auch gar nicht können, weil es uns einfach fertig macht? Was es mit uns und unserer Psyche macht, wenn wir einander nicht mehr physisch begegnen?

Eine virtuelle Realität wie Metaverse baut in meinen Augen auf die absurdeste Weise eine Parallelwelt auf. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man so ein Universum statt mit einem rechteckigen Computer mit einer Virtual-Reality-Brille betritt. Menschen können sich dorthin flüchten, anstatt im Realen zu sein und zu leben. Was soll das für eine Zukunft sein, die sich da im Silicon Valley ausgedacht und mit Millionen-Euro-Kraft über den Erdball ausgerollt wird? Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, aber im Moment gefällt mir die Aussicht auf eine solche Zukunft nicht.

Wir alle haben es in der Hand, unsere Zukunft zu gestalten und einander in der (analogen) Realität zu begegnen. Unsere Welt ist so wunderbar und es ist an uns, sie wertzuschätzen. Es ist an uns zu entscheiden, dass wir uns in ein paar Jahren eben nicht in einen virtuellen Abklatsch dieser Welt flüchten, weil’s vielleicht mal unbequem wird. Leben heißt erleben mit all seinen Hochs und Tiefs, aber eine ausgedachte Parallelwelt gehört für mich nicht dazu.

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Die Unsicherheit nach der Unsicherheit – Post-Corona: Was ist das und wenn ja, wie geht es?

Die Unsicherheit nach der Unsicherheit – Post-Corona: Was ist das und wenn ja, wie geht es?

Die Unsicherheit nach der Unsicherheit – Post-Corona: Was ist das und wenn ja, wie geht es?

Es ist, als wäre ein Sturm über uns hinweggefegt und wir hätten den Kopf unten gehalten, bis er vorübergeht – zumindest fühlt es sich für mich ein bisschen so an. Jetzt ist der Wind zwar noch nicht ganz abgeklungen, aber der Sturm hat sich in Böen gewandelt. So langsam wage ich wieder einen Blick nach links und nach rechts. Wie sieht es draußen noch mal aus? Es fühlt sich an wie eine Ruhe nach dem Sturm, der ich nicht ganz traue. Ich bin unsicher, wie ich mich an die neue Geräuschkulisse gewöhnen soll. Das Rauschen des Sturms hat mich mehr als ein Jahr begleitet und ich weiß überhaupt nicht, wie es ohne sein soll. 💨🤔

Nach der großen Unsicherheit „Corona“ fühle ich eine Unsicherheit darüber, was jetzt kommt. #wirbleibenzuhause hat uns einfach so überrollt, ohne dass wir darüber nachdenken konnten, wie wir das finden. Fast eineinhalb Jahre lang war der sichere Hafen dieses „Zuhause“, dorthin wurde fast niemand eingeladen. Meine kleine Insel. 🌴

Viele unter uns haben die Machtlosigkeit dem Virus gegenüber am eigenen Leib gespürt, waren in Quarantäne, in Behandlung im Krankenhaus oder haben nahestehende Personen verloren. Das ist schlimm und das tut weh. Auch beruflich mussten sich viele Menschen neu orientieren, waren oder sind in Kurzarbeit, haben neue Jobs, sind auf Jobsuche oder Vollzeit im Home Office. Wer kann sich vorstellen, nach mehr als einem Jahr mit (vielleicht) ruhigem Arbeitszimmer in den eigenen vier Wänden wieder ins Großraumbüro zurückzukehren? Wie wird es sich anfühlen, wieder Besuch zu haben, Abende mit Freundinnen und Freunden auf der Couch, dem Balkon oder im Garten zu verbringen? Wie werde ich und wie werden wir als Gesellschaft (weiter-) leben und arbeiten?

Wie wird es sein, mich ganz physisch wieder mit Freundinnen und Freunden zu treffen – und nicht mehr einfach nur abends, auf der Couch, einen Videocall zu starten, der meistens nicht länger als eineinhalb oder zwei Stunden dauert, einfach weil niemand Lust hat, länger auf den Bildschirm zu starren? 👩‍💻 Wie wird es sein, wenn wir wieder eine An- und Abreise zu diesen physischen Treffen haben, die zusätzlich Zeit in Anspruch nehmen? Wenn wir uns dann verquatschen und auf einmal vier, fünf Stunden vergangen sind, nach zwei Kaffees und einem Stück Kuchen? ☕️🍰 Es wird wunderbar sein, aber auch anders. Vielleicht strengt es uns an, so lange präsent unter Menschen zu sein. Vielleicht nur anfangs, bis wir uns wieder umgewöhnt haben, vielleicht bleibt es. Vielleicht kam es uns ganz gelegen, dass wir uns hin und wieder hinter unserem Bildschirm verstecken und die wackelnde Verbindung vorschieben konnten, wenn wir mit den Gedanken abgeschwiffen sind und die Frage für uns noch mal wiederholt werden musste. Vielleicht merken wir, dass wir es lieben, mit Freundinnen Zeit zu verbringen, aber dass wir unsere Ruhephase auf der kleinen Insel brauchen – mehr, als wir Prä-Corona möglicherweise gedacht und uns genommen haben.

Was am Anfang vielleicht etwas mühsam zu erlernen war, nämlich die zugewonnene Zeit für mich zu nutzen, Stunde um Stunde Ich-Zeit zu erschaffen und diese zu füllen, das ist zu einem Selbstläufer geworden. Viel mehr Zeit für Spaziergänge in der Mittagspause 🌳 oder nach der Arbeit, für Yoga 🧘🏼‍♀️ im eigenen Wohnzimmer und gleichzeitig beim Studio der eigenen Wahl, per Live-Stream oder Aufzeichnung. Zeit dafür, Bücher zu lesen, mehr als sonst, und neue Hobbies zu entdecken. 📚 Ich habe mich mit mir selbst auseinandergesetzt, Raum für Ruhe und den Blick nach innen geschaffen – wie soll es jetzt ohne diesen Raum weitergehen, mit weniger Ich-Zeit?

Wenn „alles“ wieder auf ist, in einer Zeit „nach“ Corona (was die Frage aufwirft, was Post-Corona überhaupt bedeutet und wie man definiert, wann dieses „nach“ eintritt?), wie kann ich die Dinge, die ich mir etabliert habe, wenigstens zum Teil beibehalten, ohne das Gefühl zu haben, mich selbst aus der Gesellschaft auszuschließen, weil ich der Ich-Zeit Raum gebe? 🤔

Darin liegt, glaube ich, der Schlüssel: Dass wir ein Miteinander der gewonnen Ich-Zeit und der Zeit draußen schaffen. Dass wir verstehen, dass es kein „zurück zur Normalität“ gibt, denn es wird nichts mehr so sein wie vor Corona. Es wird eine neue Normalität geben, die wir als Gesellschaft zusammen erschaffen und gestalten können. In der wir genau diesen Raum lassen für den Blick jedes einzelnen nach Innen. In der wir physische und digitale Treffen mischen können, wenn wir möchten. In der wir Feste feiern können, in der wir uns aber auch zurückziehen und im Büro oder zuhause arbeiten können. Es ist grandios, wenn die Zeiten von Shut- und Lockdowns und nächtlichen Ausgangssperren hinter uns liegen und wir wieder bedenkenlos reisen und uns in Bars treffen können. Es ist aber auch grandios, was wir lernen konnten – über uns und über unsere Welt. Es ist eine Chance, Dinge neu zu denken und das Gute, das wir erschaffen haben, mitzunehmen in die neue Normalität. Eine neue Normalität, in der die Geräusche des Sturms vorüber sind, die neue Stille aber eine ganz andere ist, als vor dem Sturm. Es klingt schön. 🙏🌟

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